Geschlechtliche Vielfalt

Immer wieder kommt es auch (manchmal gerade) in feministischen Kreisen zu Diskriminierung von Menschen mit trans*-Identitäten. Dabei schaffen es feministische Diskurse häufig nicht, dass bei der Geburt zugeordnete Geschlecht und das Erleben des Geschlechts bei Menschen mit einer trans*Identität voneinander zu trennen. Das ist aber zwingend notwendig für einen vollständigen feministischen Diskurs. Egal welche Geschlechtsteile ein Mensch hat, der_diejenige sich als Mann, Frau oder nicht-binär identifizieren (also außerhalb des binären Verständnisses von Mann und Frau). Außerdem gibt es intergeschlechtliche Menschen, die Merkmale beider binärer Geschlechter haben können. Trans*- sowie Interpersonen können Sexismus erleben, werden darüber hinaus aber auch noch Opfer von Trans*- und Interphobie in unserer Gesellschaft. Dieses Grundverständnis sollte in unsere Juso–Arbeit aufgenommen werden.

Zudem sollten wir als Jusos darauf hinarbeiten, dass von Seiten des Rechts keine Diskriminierung geschieht. Mit der Einführung des dritten Geschlechts wurde ein Anfang gemacht. Die Gesetzesänderung reduziert Menschen mit nicht-binären Identitäten jedoch wieder auf ihren Körper, da nach der Gesetzesänderung nur Menschen ihr offizielles Geschlecht zu “divers” ändern lassen können, wenn sie medizinisch nachweisen können, dass sie intergeschlechtlich sind.

Rechtliche Belange in Bezug auf trans*-Personen werden durch das TSG (Transsexuellengesetz) geregelt. Dieses Gesetz existiert seit 1981 und wurde seitdem schon zu großen Teilen als verfassungswidrig erklärt und finden keine Anwendung mehr (so zum Beispiel der Teil, laut dem Trans*-Menschen für die staatliche Anerkennung durch eine OP sterilisiert werden mussten).

Wollen trans*-Personen ihren Personenstand (also das offizielle Geschlecht) und ihren Vornamen ändern lassen, so wartet ein langwieriger Prozess auf sie, indem sie in zwei psychologische Gutachten, intimste Details ihres Geschlechtserlebens und ihrer Sexualität offenbaren müssen. Die Gutachter_innen werden vom Gericht bestimmt. Die ärztliche Schweigepflicht wird im Zuge des Verfahrens aufgehoben und ein Richter entscheidet in einem Gerichtsverfahren dann aufgrund der Gutachten über die Vornamens- und Personenstandsänderung. Das Verfahren kostet dem_der Antragssteller_in durchschnittlich ca. 1200 bis 1600 Euro, wenn keine Verfahrenskostenhilfe bewilligt wird. Zudem ist der Prozess sehr langwierig und zwingt Trans*- Personen lange noch mit ihrem alten Pass zu leben, da offiziell auch ein nachgewiesener “Praxistest”  verlangt wird. Das kann zu Alltagsdiskriminierung und Zwangsoutings führen.

Wir fordern:

  • Eine Neuregelung der rechtlichen Belange in Bezug auf trans*-Personen, die nicht in einem Einzelgesetz festgehalten wird, sondern in das allgemeine Familienrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches aufgenommen
  • eine in jedem Fall juristisch kostenlose Geschlechtsanpassung und eine Aufnahme aller in dem
  • Rahmen anfallenden medizinischen Leistungen in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkasse
  • eine in jedem Fall kostenfreie juristische und medizinische Geschlechtsanpassung
  • die Öffnung der Geschlechtsbezeichnung “divers” für Menschen, die nicht intersex sind
  • auch Trans*-Frauen und Männer sollten als leibliche Eltern in die Geburtsurkunde eingetragen werden können.

Angenommen auf der Landeskonferenz der Jusos SH (16. Februar 2019, Bad Schwartau).